BESETZUNG
Gabriele Hasler:
Stimme, Komposition
Roger Hanschel:
Alt-, Sopraninosaxophone, Komposition
Oskar Pastior:
Lesung
„Was die eminente Sängerin und kapriziöse Komponistin Gabriele Hasler im Verein mit Roger Hanschels virtuosen Saxophoneinlagen aus den verbalen Partituren Oskar Pastiors an genialen Klangfarben und Tonfolgen, akustisch optischen Pasticcios voll Gefühlsmagie wie pointierter Intellektualität so packend wie perfekt zu zaubern wusste, war in seiner synästhetisch hinreißenden Leichtigkeit höchst eigenwillig.
Mit des Autors schmeichlerischer Stimme im rasant verzwickten Playback brachten Hasler/Hanschel regelrechte Kammermusiktrios zu Gehör, unwiderstehlich herzbetörend weltentrückte Geistertrios in der Wortbedeutung mal, dann wieder pfiffig parodistische, verwirrend und verwischend hingehäckselte Wort/Ton-Kaskaden „ächtromantischer“ Artistik, Miniaturen subversivster Ironie, voll rhythmischer Prägnanz.“ (Mannheimer Morgen, März 2007)
„Oskar Pastior ist von allen konkreten Poeten der verspielteste und der verzauberndste. Wenn er die Sprache aufbricht und ihr Inneres untersucht, dann tut er das nicht mit der Kälte und mathematischen Eleganz vieler seiner Kollegen, sondern spöttisch und lockend. Er ist ein Wort-Magier und Geschichten-Guru, der uns ins Dickicht der Bedeutungen führt, bis sie sich auflösen und nur noch die reine, befreiende Imagination einen Ausweg aus den Sprach-Labyrinthen verspricht. Sanft kommt Pastior daher und doch ist er fast so etwas wie ein verschmitzter Teufel („diabolos“ war bei den Griechen der Sinnverdreher; der, der das Unterste zuoberst kehrt), der die Worte neu erschafft.
Und Gabriele Hasler assistiert ihm als die bedenkenloseste aller Stimm-Feen des neueren Jazz, gebiert Laute, Klänge, die sich noch nicht „verdickt“ haben. Man fühlt sich, als sei man dabei in der heißen Geburtstunde des Universums Und Roger Hanschel, Mitglied der legendären „Kölner Saxophon-Mafia“ liefert den betörenden Klang-Kitt, der verhindert, dass uns alles um die Ohren fliegt. Keine schlichte Lesung, sondern ein Sprach- und Laut-Trip. „kanu newö keno/noka kenu wöne“, meint Oskar Pastior. Und jedem, der jetzt sagt: „Das verstehe ich nur allzu gut“, dem sei versichert: Das ist erst der Anfang. „(Regensburg, November 2006)
Glossalisches Gemecker voller Wortlust
„dann kommt was und geht eins zwei eins; / und das was noch geht kommt.“ Eine seltsame, beinahe hellseherische Metapher für den Auftritt von Gabriele Hasler (voc) und Roger Hanschel (altsax), ohne Oskar Pastior (rezitation), im Leeren Beutel in Regensburg.
Aus einem Abend mit dem im rumänischen Sibiu geborenen, wunderbaren Poeten wurde durch seinen Tod vor einem Monat während der Frankfurter Buchmesse ein „Abend für Oskar Pastior“. Was noch ging, kam dann anders: Anwesend war der posthum mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnete Berliner dann doch irgendwie – als Rezitator aus der Maschine.
Denn das neueste Werk der glücklichen Zusammenarbeit Pastiors mit der Komponistin und Vokalkünstlerin Hasler, „frösche und teebeutel“, hatten die beiden noch im Trio mit Hanschel – Mitglied der berühmt-berüchtigten Kölner Saxophon Mafia – unter Dach und Fach gebracht.
Um der entstandenen Lücke nicht noch eine weitere – vielleicht noch größere – hinzu zu fügen, setzte das Duo Hasler-Hanschel die begonnene Tournee fort. Auf der Bühne blieb also ein Stuhl leer, mit kleinem beleuchteten Tisch davor, und die weiche Stimme Pastiors mit dem kaum wahrnehmbaren Akzent kam aus dem Off, genauer den Lautsprechern. Mischte sich gelegentlich mit der Gabriele Haslers, die auf ihre unnachahmliche erregende Weise maunzte, hechelte, zischte und Laute aus den Tiefen ihres Körpers holte, die man bis dato nicht für möglich hielt.
Mit diesen lautmalerischen Glossolalien, klangergründenden Rhythmisierungen, kurzen Loops, formstrengen Sprachräumen, in denen man sich leicht verirren und verwirren konnte, ist Hasler eine beinahe ideale Partnerin für den grenzenlosen Schöpfer konkreter Poesie gewesen. Umgekehrt sind Pastiors verspielte, mit feinem Witz verzwickt gestrickte Gedichte voller Wortlust und sinnfreiem Spracheifer ein Schatz für Hasler, aus dem sie selbstbewußt musikalische Kleinodien kreiert. Hanschel komponierte – und mischt klare melodisch-impressionistische Saxofonlinien unter die Stimmen. Oder er bläst ein Solostück, dass einem Hören und Sehen vergeht – expressiv, spannend und von einer Virtuosität getragen, die minimalistische und repetitive Formen ebenso ungeniert und musikalisch überzeugend einsetzt, wie unkonventionelle Spieltechniken.“
Michael Scheiner, Oberpfalznetz, 10. 11. 2006
„Polyphone Poesie“
Das Trio Gabriele Hasler / Roger Hanschel / Ulf Stolterfoht interpretierte in der Alten Feuerwache Oskar Pastior
Das „Literaturfest. Lesen. Hören 1“ hatte am Samstag Halbzeit – und was die Soirée trotz aller Promis auf der Gästeliste beispielhaft in Szene setzte, war gewiss der Höhepunkt des Hörens im bemerkenswerten Festprogramm. Im Andenken des Dichters Oskar Pastior, dem die Aufführung posthum gewidmet war, trafen sich Gabriele Hasler, Stimme, Roger Hanschel, Saxophon, sowie Ulf Stolterfoth, Rezitation, zu einer Live-Performance, die der große alte Mann der Sprach- und Wortartistik quasi aus dem Jenseits via Bandaufzeichnung sympathetisch überwachte. „Frösche und Teebeutel“, benannt nach einer Reihe kleiner Zeichnungen, war Pastiorissimo vom Feinsten. Eine Lesung war es fast nur nebenbei.
„Frösche und Teebeutel“ – mit einem echten Frosch im Hals, Ulf Stolterfoth war leicht erkältet, rezitierte der Berliner Lyriker so übermütig wie subtil die ungemein verspielten, dabei ausgesprochen querköpfigen Texte seines fulminanten Vorbilds. Aber dies Konzertprogramm der Extraklasse stand und fiel mit der Musik, die ja in Pastiors schlitzohrigen Pastoralen potentiell schon drinsteckt. Was die eminente Sängerin und kapriziöse Komponistin Gabriele Hasler im Verein mit Roger Hanschels virtuosen Saxophoneinlagen wie der wunderbaren Lesung Stolterfohts aus den verbalen Partituren Oskar Pastiors an genialen Klangfarben und Tonfolgen, akustisch optischen Pasticcios voll Gefühlsmagie wie pointierter Intellektualität so packend wie perfekt zu zaubern wusste, war in seiner synästhetisch hinreißenden Leichtigkeit höchst eigenwillig.
Mit des Autors schmeichlerischer Stimme im rasant verzwickten Playback brachten Hasler/Hanschel regelrechte Kammermusiktrios zu Gehör, unwiderstehlich herzbetörend weltentrückte Geistertrios in der Wortbedeutung mal, dann wieder pfiffig parodistische, verwirrend und verwischend hingehäckselte Wort/Ton-Kaskaden „ächtromantischer“ Artistik, Miniaturen subversivster Ironie, voll rhythmischer Prägnanz.“
Mannheimer Morgen, März 2007
»Und wo bleiben die Rachenlaute?«
NÜRTINGEN. „Die Wörter purzeln, die Silben knattern. Wenn Gabriele Hasler Texte von Oskar Pastior vertont, dann wirft sich ihre Stimme in rastlose Stakkati, dröhnt tief aus der Brust, fiept heißer im Diskant, wiegt sich sanft im Wind. Dazu spendiert Saxofonist Roger Hanschel einen Klangteppich, der mal ein sanftes Ruhekissen ist, dann wieder aufsässig dagegenhält. Die Sprache, bei Oskar Pastior ist sie wie ein Sauerteig, der gärend immer neue Gebilde aus sich hervortreibt. Beim Duo Hasler Hanschel dringt dieser Gärprozess bis in die entlegensten Regionen der Klangbildung von Stimme und Saxofon vor.
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Pastiors heiter-gelassener Singsang tönt als letzte Botschaft an die Nachwelt aus den Boxen. Lässt jede vermeintlich vernünftige Logik beiseite und folgt mit kindlicher Freude nur der anarchischen Spur tanzender Silben. »Warum hüpft der Zopf? Warum zopft der Zipfel? Warum ist die Schlange krumm?« Oder: »Hilf Frosch / Schorf flieh / spring Krebs / Torf tut Not«. Den Sprechsingsang mit dem anheimelnden osteuropäischen Akzent lassen Hasler und Hanschel mal alleine wirken, mal reichern sie ihn mit Hauchgeräuschen an, und schließlich steigert sich das Ganze zum fulminanten Wort-Getöse.
Pastiors Erzählstimme trifft auf Haslers Stimmkünste und diese auf Hanschels Bläsertiraden. Mithilfe eines Live-Samplers, der Klänge direkt auf der Bühne aufnimmt und wieder abspielt, treffen auch Stimme auf Stimme, Saxofon- auf Saxofonklang. Was bei Pastior als anarchische Sprach-Kombinatorik angelegt ist, wird in den vielfältigen Überlagerungen zu einem schwingenden Gewebe aus Rhythmus, Sprache, Klang.“
Armin Knauer, Reutlingen, März 2007
„Wörter im Wirbelsturm“
Oskar Pastior, Gabriele Hasler und Roger Hanschel bei „KlangSeiten“
„… eine ganz besondere Facette steuerte Pastior bei, der sich als wahrer Hexenmeister der Sprachbehandlung zeigte. In seinem alchemistischen Sprachlabor bringt er vertraute Sätze und Wörter dazu, zu zerstieben, zu zerfließen, zu zersplittern und sich aufs Genüsslichste neu zu verbinden und zu verschmelzen. Mit Charme, Witz und einer selbstvergessenen Sprachbesessenheit bildet er Anagramme, wirbelt Silben und Wortgruppen durcheinander und schafft damit eine ganz neue Sinn-Freiheit – gelegentlich auch eine Sinn- Anarchie. Eine organische Verschmelzung mit den Wortspielen Pastiors fanden die musikalischen Aktionen von Gabriele Hasler und Roger Hanschel. Hasler, derzeit eine der führenden improvisierenden Sängerinnen im europäischen Raum, erzählte Geschichten mit differenzierten und mannigfach gefärbten Lautmalereien und beeindruckte durch die behände Virtuosität von Zunge und Gurgel. Immer wieder setzte sie Elektronik ein und schuf mit rhythmischen Sequenzen und Überlagerungen mit der eigenen Stimme eine Architektonik mehrerer musikalischer Ebenen.
Mit dem Saxophonisten Roger Hanschel führte sie aufregende Dialoge. Stimme und Instrument wurden dabei zur Einheit, wobei die Legatokunst, eine sehr modulationsfähige Tongebung und die durch Zirkularatmung gestützten, fast endlosen Tonketten des Saxophonisten Bewunderung erregten“
Esslinger Zeitung, Rainer Kellmayer (14. 6. 2005)
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